In Kürze:

Die zwei Seelen in meiner Brust: der Osten und der Westen. Soziales und Individuelles. Gemeinschaft und Selbstverwirklichung. 1983 in Polen geboren, studierte ich Literatur, Psychologie und kulturelle Beziehungen in Heidelberg und London. Dann war ich als Kulturjournalistin und Medienpädagogin in Heidelberg und Frankfurt unterwegs. Jetzt arbeite ich als Online- und Social Media-Redakteurin bei ZDF/3sat im Bereich Geschichte und Wissenschaft. Als Autorin erforsche ich in Gedichten, Prosa und Essays die Spielräume von Liebe und Freiheit – auch gesellschaftskritisch.

In epischer Breite:

Geboren wurde ich im kommunistischen Polen 1983. Von 1981 bis 1983 herrschte hier das Kriegsrecht mit dem Ziel die Demokratiebewegung zu zerschlagen, die sich um die Gewerkschaft „Solidarność“ entwickelt hatte. Eine Zeit der allgemeinen Verunsicherung, mit leeren Regalen in den Läden und politischer Verfolgung. Von alledem bekam ich aber gar nichts mit.

Denn ich war in dem Hintergarten meiner Kindheit, zwischen Salat und Erdbeeren, in der Hängematte unterm Walnussbaum, sicher und wohlbehütet. Dann kam ich ins Schulalter und meine Eltern beschlossen aufgrund der allgemeinen Lebensbedingungen, der prekären Gesundheits- und Bildungspolitik einen kleinen Abenteuerurlaub zu unternehmen: So kam es, dass wir als Spätaussiedler nach Deutschland auswanderten.

Eine prägende Erfahrung, in diesem wachen Alter von Heim zu Hotel zu vagabundieren, erstaunliche Kulturunterschiede wahrzunehmen und in der damals so ersehnten Konsumwelt zu landen. Seitdem fließt interkulturelles Blut in meinen Adern, auch wenn ich gar nicht dafür gemacht bin, zwischen den Stühlen zu sitzen, sondern eher in der Hängematte über allem zu schweben.

So wurde ich, wie wohl fast alle mit einer frühen Migrationserfahrung, zu einer Suchenden. Ständig Fragen stellend nach meiner Identität, nach dem Richtig oder Falsch. Ich pendelte zwischen Gemeinschaft und Solidarität auf der einen sowie Freiheit und hedonistischer Selbstverwirklichung auf der anderen Seite. Wenn jeder an sich denkt, ist an alle gedacht- oder?

Mein Studium der Sprachen und Psychologie in Heidelberg beantwortete mir meine Frage nur zaghaft. Immerhin lernte ich: es gibt Dinge, die allen Menschen gemeinsam sind. Wir alle haben die gleichen Emotionen und Bedürfnisse; bei uns allen laufen dieselben psychologischen Muster ab. Aber war es wirklich so?

Während meines Auslandsaufenthaltes in London merkte ich, dass ich deutscher bin als gedacht – und entdeckte mit den Engländern das Polnische in mir wieder. Ich begriff, wie bedeutend die kulturelle Prägung ist. Wie groß doch die Unterschiede sein können! Kein Zufall, dass ich in meinem Master englisch-deutsche kulturelle Beziehungen erforschte, mich das Deutschlandbild der Engländer interessierte. Bei der wissenschaftlichen Definition von Vorurteilen und Stereotypen begann ich meinen eigenen Lebensfaden zu erkennen. Wohin führte er mich?

Zurück in Deutschland wurde ich Kulturjournalistin und entdeckte in unzähligen Interviews die Menschen hinter den Künstlern. Was motivierte sie? Was war ihnen wichtig? Welche Botschaft hatte ihre Kunst? Meine Fragen wiederholten sich. Immer wieder wollte ich wissen, was sie als Menschen ausmacht, ja: was ihnen allen gemeinsam ist. Bis sich auch die Antworten wiederholten.

Ich wollte über den geliebten Künstlerhorizont hinaus und wechselte in den sozialen Bereich. In einem bunten Haus, in der pädagogischen Arbeit mit Menschen aus den unterschiedlichsten Kulturen begann etwas an meinem Herzen zu klopfen, das ich bisher allenfalls erahnte: Ich wollte, dass jeder Mensch sein Potential verwirklicht und zugleich in der Gemeinschaft aufgehoben bleibt. Aber wie konnte ich diesen Wandel kreieren?

So nahm ich auf, was ich in Schule und Studium nebenbei betrieb: Ich schrieb. Erforschte in Gedichten die Emotionen, die den Menschen antreiben. Erörterte in Essays und Geschichten ihre Motive. Befasste mich mit Kommunikationsstrategien – wie können Menschen eine echte Verbindung miteinander aufbauen – und sich dabei nicht verstellen?

Mit einem Rucksack an Erfahrungen gestärkt kam ich zum Journalismus zurück, bin heute für ZDF/3sat im Bereich Geschichte und Wissenschaft tätig. Hier nutze ich meinen Röntgenblick für: die Psychologie der Gesellschaft, die Wissenschaft des Geistes, die großen Fragen des Warum und Wozu und Wieso-nicht-gleich-so?

2016 bis 2018 verbrachte ich einige Monate in der Wüste Perus auf Recherchereisen zu meinem ersten Roman. Betete zu den Göttern von Nasca, flehte um eine Flamme in meinem Herzen. Und sie brachten ein Erdbeben in mein Leben und alles Kaputte wurde durch bedingungslose Liebe ersetzt …

Ganz nebenher habe ich eine ganzheitliche Coaching-Ausbildung abgeschlossen. Lernte endgültig, wie essentiell es ist, auf sich und seinen Körper zu hören. Und jetzt? Wo wird alles zusammenfließen?

In meiner Mission, mehr Verständnis und Empathie in diese Welt zu bringen – für sich selbst, füreinander, für andere Kulturen, für das große Ganze der Natur. Und in meiner Vision einer Synthese von Liebe und Freiheit, von communitas et libertas.

© Daria Eva Stanco