Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne … schreibt Hermann Hesse in seinem Gedicht „Stufen“.
Werde ich jetzt jeden Blog-Artikel mit einem Gedichtzitat beginnen? Du, das weiß ich gar nicht so genau! Doch bin ich jedes Mal so verzaubert, wenn ein Lebensabschnitt, eine Reise, eine Beziehung oder eine Aufgabe neu beginnt, dass ich zur Dichtkunst neige.
Und mit diesem Textstück beginnt in doppelter Hinsicht das Leben neu:
Erstens: Unsere Sommerreise mit dem Wohnmobil hat begonnen.
Und zweitens: Ich möchte Dir etwas gestehen.
Kümmern wir uns zunächst um erstens: Es ist unsere dritte längere (mehrmonatige) Reise im Wohnmobil. Neulich wurde ich von einem Freund gefragt, ob das Wohnmobilleben wirklich so toll ist, wie es uns die ganzen Vanlife-Blogger weismachen wollen. Das ist eine gute Frage – die Antwort hat etwas mit einer großen Erkenntnis zu tun.
Denn im Wohnmobil umherzuziehen verbinden viele mit Freiheit. Freiheit von den ganzen Besitztümern, um die man sich sonst zu kümmern verpflichtet sieht. Freiheit, weil man jederzeit den Ort wechseln kann. Freiheit, weil man nicht auf eine Route festgelegt ist. Freiheit, weil man draußen lebt, in der Natur, wo sowieso alles frei ist.
Soweit das Ideal.
Die Realität: Natürlich kann man spontan dort hinfahren, wo es einem gefällt. Aber zuerst muss man (schon wieder) das Klo leeren, neues Wasser holen, das alte Wasser ablassen, das sich stapelnde Geschirr spülen und alles abfahrbereit machen (also wirklich gar nichts liegenlassen). Und man muss auch erstmal herausfinden, in welche Richtung man fahren möchte. Und ob es dort einen sicheren und guten Ort zum Stehen gibt.
Mit anderen Worten: Ja, die Freiheit ist da und es sind diese Momente des Aufwachens über dem Meer oder des Mittagessens auf dem Berg mit Premium-Ausblick, das kein Luxushotel oder -restaurant bieten können. Aber mit dieser Freiheit geht auch eine riesige Verantwortung einher und diese Verantwortung manifestiert sich in täglicher körperlicher und mentaler Arbeit. Es ist eben kein All inclusive-Urlaub!
Ich finde, das ist genauso wie in einer romantischen Liebesbeziehung: Man stellt es sich zunächst total schön vor – und das ist es auch, doch gleichzeitig geht es eben mit Verantwortung einher und das bedeutet, dass wir auch hier regelmäßig „das Klo leeren“ müssen 😉
Denn sobald die Beziehung der allerersten Verliebtheit entwächst, geht es darum, sich selbst nicht zu verlieren, weiterhin seine eigene Freiheit und seine eigenen Bedürfnisse und Wünsche auszuleben – und dennoch weiterhin ein gemeinsames Nest der Geborgenheit zu schaffen. Was auch immer es für einen heißt, diese Freiheit auszuleben – durch eigene Hobbies, durch die Selbstverwirklichung im Beruf, durch eine Öffnung der Beziehung für Erlebnisse mit anderen oder gar für weitere Partner*innen … Alle Arten der Freiheit bedeuten zugleich Verantwortung: Dafür zu sorgen, dass die Beziehung sich leicht anfühlt, atmen kann und gleichzeitig weiterhin romantisch und tief bleibt, bedeutet: Arbeit.
Und nun komme ich zu meinem Geständnis. Vielleicht ist es für mich sogar überraschender als für Dich, sofern Du mich ein wenig kennst 😉
Dieses Spannungsfeld zwischen Liebe und Freiheit, oder sagen wir richtiger: zwischen emotionaler Sicherheit und Freiheit in einer (Liebes-)Beziehung beschäftigt und fasziniert mich seit jeher. Und welches Thema wäre besser geeignet für Gefühlscoaching?
Fakt ist: Ich mache es längst. Nicht nur mit meinen Klienten. Wenn mich im privaten Umfeld jemand fragt, ihn oder sie bei einem Thema zu unterstützen, dann ist es exakt dieses Thema. Es ist eben mein natürliches Herzensthema!
Hand aufs Herz: Was ist Dein natürliches Herzensthema?
Herzlichst
Deine
Daria Eva Stanco
PS. Hesses Gedicht „Stufen“ werde ich sicher auch mal auseinanderpflücken, denn es passt überraschend gut zu diesem Thema!
Es muß das Herz bei jedem Lebensrufe
Bereit zum Abschied sein und Neubeginne,
Um sich in Tapferkeit und ohne Trauern
In andre, neue Bindungen zu geben.
Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.
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